Revolution im Iran unterstützen - Pro politische Patenschaften

Die Proteste im Iran haben sich längst zu einer feministischen Revolution gegen das Regime entwickelt. Die Antwort der islamischen Republik: Massenhaft werden demonstrierende Menschen inhaftiert und zum Tode verurteilt.

Dieser Terror muss ein Ende haben! Dafür braucht es auch internationalen Druck. Mit der politischen Patenschaft für Shaghayegh Khademi möchte ich ein Zeichen der Unterstützung, Hoffnung und Solidarität setzen.

Ich verurteile die Inhaftierung von Shaghayegh Khademi aufs Schärfste!

Sie hat das Recht auf einen rechtsstaatlichen Prozess mit einem Rechtsbeistand ihrer Wahl und unabhängigen Prozessbeobachter*innen.”

Tamara Lüdke in ihrem Brief an Mahmoud Farazandeh, den iranischen Botschafter in Berlin und an Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin

Die Parole “Frau - Leben - Freiheit”

Brennende Kopftücher und Frauen, die sich aus Solidarität die Haare abschneiden; rot gefärbte Brunnen in Teheran als Sinnbild für das Blutvergießen und Demonstrant*innen, die die Sicherheitskräfte auffordern nicht zu schießen - all diese Bilder und kurzen Videoclips aus dem Iran zeigen die aktuelle Lage vor Ort. Seit September 2022 ist das Land in Aufruhe. Der Mord an der 22-jährige Kurdin Jina (Mahsa) Amini durch die Sittenpolizei löste den Beginn der Proteste im Iran aus, die sich inzwischen zu einer feministischen Revolution gegen das streng islamische Mullah-Regime entwickelt haben.

Ein Regime, das für die massive und systematische Unterdrückung von Frauen sowie ethnischen und religiösen Minderheiten verantwortlich ist. Ein Regime, das für Vetternwirtschaft und Korruption steht. Ein Regime, das nicht reformierbar ist!

Die deutsch-iranische Journalistin Shahrzad Osterer berichtet:

“Es herrscht eine Grundunzufriedenheit in der iranischen Gesellschaft. Die Menschen sind extrem verzweifelt und haben nichts mehr zu verlieren.”

Weiter sagt sie:

Es gibt einen großen Zusammenhalt in der Gesellschaft, den es so noch nicht gab. Im Iran haben dieses Mal alle begriffen, dass solange die Frauen nicht sind, ist niemand frei!“

Frau – Leben – Freiheit (auf Kurdisch: Jin – Jiyan – Azadî) – die drei Worte sind zu der Parole dieser Revolution geworden. Weltweit kommt es zu Solidaritätsbekundungen, Demonstrationen und Mahnwachen. Auch das Brandenburger Tor wird am 13. Dezember mit diesem Ruf nach Freiheit erleuchtet.

Das iranische Gesetz behandelt Frauen und Männer unterschiedlich. Im öffentlichen Raum ist von Kopf, Armen und Beinen ab dem Alter von 9 Jahren für Mädchen und Frauen Pflicht. Kontrolliert wird das von der Sittenpolizei. Wer gegen die Gesetze verstößt, dem drohen Geldstrafen, Verhaftung und Gewalt. Frauen ohne Schleier gelten als verwestlicht.

Beziehungen zwischen Mann und Frau regelt das Regime bis ins Kleinste. Ein gemeinsamer Spaziergang vor der Ehe geht nicht. (In der Praxis: Man wird auf offener Straße nach seinem Beziehungsstatus gefragt.)

Das Scheidungsrecht liegt beim Mann. Eine Frau kann sich nur aus wenigen Gründen scheiden lassen, Schläge oder sexuelle Gewalt etwa gehören nicht dazu. Kommt es zur Scheidung müssen Frauen in der Regel auf ihre vermögensrechtlichen Ansprüche verzichten.

Viele hoffen auf mehr Unabhängigkeit durch ein Studium, das sie aber nur mit Erlaubnis von Mann oder Vater machen dürfen. 60% der Studierenden sind Frauen, später aber arbeiten nur die Wenigsten. Sie sollen in erster Linie Ehefrau und Mutter sein.

Das muss ein Ende haben! Es gibt auch massive Streiks/ Demos – in den kurdischen Gegenden herrscht ein kriegsähnlicher Zustand.

Die Frauenbewegung im Iran

Die aktuelle Frauenbewegung im Iran muss man im historischen Kontext sehen. Iranische Frauen kämpfen schon seit Jahrzehnten für mehr Rechte. Bisher meist ohne Erfolg. Hier ein kurzer zeitlicher Überblick:

1906 – Iranerinnen machen sie sich dafür stark, dass die Gleichberechtigung in der Verfassung verankert wird. Durchgesetzt werden konnte es nicht.

1979 – Frauen mobilisieren sich gegen die neue Kopftuchpflicht im Iran. Dennoch wurde es zwei Jahre später eingeführt.

2006 – Start einer Kampagne gegen frauenfeindliche Gesetze. Das Ziel sind 1 Million Unterschriften. Hunderttausende werden es insgesamt. Im Iran und im Ausland wird ihr Kampf dadurch sichtbar.

2014-2018 – Es gibt erste Proteste gegen die Kopftuchpflicht. Zunächst online, dann auf der Straße. Das Gesetz bleibt, aber das öffentliche Feedback ist groß.  

2020 – Im Internet beschuldigen mehr als 20 Frauen denselben Mann der Vergewaltigung. Unzählige berichten daraufhin von sexueller Gewalt. Es ist der Beginn der Bewegung #tadjavoz (eine iranische #metoo Bewegung).

Experten gehen davon aus, dass die Debatten und die Aufklärung im Netz, die über die letzten Jahre stattfanden, eine große Auswirkung auf das heutige Geschehen haben. Sie ebneten letztendlich den Weg für die aktuelle Frauenrevolution und ermöglichten verschiedene neue Formen des Protests.

Wer ist Shaghayegh Khademi?

Auch ich unterstütze und solidarisiere mich mit der feministischen Revolution im Iran. Ich möchte meine Stimme nutzen, um mediale und politische Aufmerksamkeit zu schaffen und damit den Druck auf das islamische Regime weiter erhöhen. Daher werde ich politische Patenschaft für Shaghayegh Khademi übernehmen.

Shaghayegh Khademi - das ist die junge Frau auf dem Foto. Sie ist 23 Jahre alt und Iranerin. Am 22. September wurde sie festgenommen und zu 16 Jahren Haft verurteilt. Frau Khademi wird weder der Kontakt zu ihrer Familie, noch zu einem Anwalt ihrer Wahl ermöglicht. Das Gerichtsverfahren verstieß gegen internationales Recht: Es fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne anwaltliche Vertretung statt. Einer Berufung wurde nicht stattgegeben. Nach wie vor ist unbekannt, weshalb sie überhaupt angeklagt wurde. Aktuell sitzt sie im berüchtigten Frauengefängnis Qarchak in der Provinz Teheran.

Ich verurteile die Inhaftierung von Shaghayegh Khademi aufs Schärfste! Sie hat das Recht auf einen rechtsstaatlichen Prozess mit einem Rechtsbeistand ihrer Wahl und unabhängigen Prozessbeobachter*innen. Auch hat sie das Recht auf Kontakt zu ihrer Familie.

In einem Brief an den iranischen Botschafter in Berlin Mahmoud Farazandeh und an die deutsche Außenministerin Annalen Baerbock fordere ich, dass sie sich für das Leben von Shaghayegh Khademi einzusetzen! Es muss dringend gehandelt werden. Denn sie könnte jederzeit zum Tode verurteilt werden.


Was sind politische Patenschaften?

Die Menschenrechtslage im Iran ist katastrophal: 2022 gab es laut dem jährlichen Menschenrechtsreport von HRANA 13.342 Meldungen zu Menschenrechtsverletzungen. Das islamische Regime hat mindestens 565 Personen hingerichtet und allein seit Beginn der Proteste wurden 18.000 Menschen inhaftiert. Bei diesen großen Zahlen muss man sich immer vergegenwärtigen: Hinter jeder Zahl steht auch ein individuelles Schicksal.

“Seit über vier Monaten kämpfen die Menschen im Iran für ihre Freiheit. Dabei sind wir alle gefragt. Wir sind in der Verantwortung mitzuhelfen und mit laut zu sein. Sie brauchen uns als Steilverstärker. Denn Verbrechen sind nur im toten Winkel unsichtbar. Öffnet diese toten Winkel und blickt auf den Iran", sagen Daniela Sepheri und Mariam Claren.

Sepheri ist Iran-Aktivistin und Claren - Tochter der deutsch-iranischen politischen Gefangenen Naht Taghavi. Beide leisten ihren Beitrag zu den Protesten, indem sie seit November 2022 politische Patenschaften vermitteln. Über sie habe ich vom Schicksal von Shaghayegh Khademi erfahren. Inzwischen haben mehr als 300 politische Gefangene im Iran Abgeordnete aus dem Europaparlament, Bundes- und Landtag, die sich für sie einsetzen. Mehr als 25 von ihnen konnten durch die konstante Arbeit der Paten auf Kaution freigelassen werden.

Bei der politischen Patenschaft handelt es sich um ein Instrument, durch das Politiker*innen Verantwortung für eine*n politische*n Gefangene*n übernehmen und für diese Person “Lobbyarbeit” betreiben. Das Aufmerksamkeitschaffen über social media ist dabei nur ein Teil, die eigentliche Arbeit findet im Hintergrund statt: Briefe an den iranischen Botschafter und die iranischen Behörden schreiben sowie Druck auf die Bundesregierung, das Auswärtige Amt und die Menschenrechtsbeauftragte ausüben.

Seit Dezember 2022 betreiben Sepheri und Claren auch gemeinsam den wöchentlich erscheinenden Podcast “Politische Gefangene im Iran”. Ihre Botschaft ist:

“Informiert euch, repostet und nutzt die Hashtags. Geht auf Mahnwachen, Demonstrationen und Kundgebungen.”

Warum ist mir die Unterstützung wichtig?

Früh habe ich gelernt, dass meine Stimme in unserer Demokratie einen Wert hat. Ich wollte politisches Gehör finden, um Dinge zu bewegen und zu verändern. Mein Motto war dabei stets “mutige Politik” wagen. Bei den Jusos habe ich mich insbesondere für die Gleichstellung der Frauen in der Partei und in der Gesellschaft eingesetzt, jetzt mache ich als Politikerin für Lichtenberg feministische Entwicklungspolitik im Abgeordnetenhaus. Dabei habe ich über die letzten Jahre auch gelernt, nicht von außen zu bewerten, wie Freiheit für Frauen aussieht.

Das bezieht sich insbesondere auf das ambivalente Thema Kopftuch. So gibt es weltweit sowohl Frauen, die gegen die Kopftuchpflicht als auch Frauen, die gegen ein Kopftuchverbot kämpfen. Für die einen ist es ein Symbol für Repression und Unterdrückung, für die anderen ein Zeichen von Religion, Tradition und Herkunft. In erster Linie ist es aber ein Kampf für Selbstbestimmung! Ein Kampf dafür eine Wahl haben und selbst zu entscheiden, wie frau leben will. Ein Kampf gegen männliche Machtstrukturen und Gesetze, die sie schützen.

Ich bewundere die Stärke der Frauen und aller Demonstrierenden im Iran. Ich bewundere auch, dass sie nicht abbricht. Unter Lebensgefahr die eigene Stimme zu erheben - das ist Mut. Das will ich unterstützen! Und ich möchte meine parlamentarische Kolleg*innen dazu ermutigen, auch eine politische Patenschaft zu übernehmen und sich öffentlichkeitswirksam für Inhaftierte im Iran einzusetzen.

Was hat die Berliner Politik getan?

Auch das Abgeordnetenhaus Berlin hat sich eindeutig positioniert. Im November 2022 haben wir einen überfraktionellen Dringlichkeitsantrag von SPD, Grünen, Linke, CDU und FDP zum Thema “Solidarität mit den Menschen im Iran” im beschlossen.

Darin fordert das Abgeordnetenhaus den Berliner Senat dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Diskriminierung und Verfolgung von Menschenrechtsverteidiger*innen, religiösen und ethnischen Minderheiten, LGBTIQ, Journalistinnen und Journalisten, Andersdenkenden und Oppositionellen im Iran eingestellt wird. Ebenso sind der Schutz der Proteste und die Aufklärung von Angriffen auf Demonstrant*innen zentrale Anliegen. So heißt es:

“Der ungeheure Mut der Frauen und aller anderen Protestierenden, die sich der Willkür des sogenannten Sicherheitsapparates im Iran widersetzen, hat unsere volle Solidarität und Unterstützung. Wir verurteilen die brutale Gewalt und stehen an der Seite der Menschen, die gegen die Menschenrechtsverletzungen protestieren.”

Den Antrag in voller Länge findest Du hier: https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-0711.pdf

Was kannst Du tun?

Informiere Dich über die aktuelle Entwicklung der Revolution im Iran. Die folgenden Informations- und Spendenkanäle kann ich Dir dabei ans Herz legen.

Auf Deutsch:

  • Der Podcast „IRAN Update“ berichtet wöchentlich von den Geschehnissen im Iran und wirft einen kritischen Blick auf Kommentare von Expert*innen, Journalist*innen und Politiker*innen:  https://dasiranupdate.podigee.io/

  • Der Podcast “Politische Gefangene im Iran” von Daniela Sepheri und Mariam Claren erscheint jeden Donnerstag auf Spotify.

  • Arte Info Plus hat einen sehr guten und informativen Videobericht: https://www.youtube.com/watch?v=fPWEuGHFOz4

  • Seit 2014 leistet die Menschenrechtsorganisation HÀWAR.help mit ihren Projekten im Iran, Afghanistan und Deutschland wichtige Entwicklungs-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Sie ist zu einem Sprachrohr der iranischen Revolution geworden. Wenn es Dir finanziell möglich ist, unterstütze ihre Arbeit durch eine Spende: https://www.hawar.help/de/

  • Das transnationale Kollektiv Woman* Life Freedom hat für die Organisation von Demonstrationen, Podiumsdiskussionen und Veranstaltungen einen Spendenaufruf gestartet: https://www.betterplace.me/support-woman-life-freedom-collective-in-berlin

Auf Englisch und Farsi:

  • Für Center for Human Right in Iran arbeiten Journalist*innen, Forscher*innen und Menschenrechtsaktivist*innen, die auf ihrer Website Nachrichten sowie Bildungs- und Aufklärungsarbeit veröffentlichen: https://iranhumanrights.org/

  • 6Rang ist das 2010 gegründete iranische Lesben- und Transgender-Netzwerk. Es schafft Aufmerksamkeit für die Menschenrechtslage von LSBTQI+ Menschen im Iran. Auch ihre Arbeit ist auf Spenden angewiesen: https://6rang.org/english/

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